Probleme lösen mit Alkohol

Und schon wieder haben die Deutschen Grund zum Jammern und zum Klagen: Da gehen die deutschen Jugendlichen in Zeiten wie diesen mit gutem Beispiel voran und kurbeln ordentlich den Konsum, zumindest in der Alkohol- und Tabakindustrie an, da stehen schon die selbst ernannten Sittenwächter auf der Matte und rufen: „J’accuse! Ich klage an!“

Anstatt froh zu sein, dass Kindergeld und Hartz IV der abgehängt-prekären Eltern nun umgehend wieder in die Wirtschaft gepumpt werden, wird der große Sittenverfall proklamiert. „Das hat es früher nicht gegeben!“, rufen empört diejenigen, die damals den Sonntagsfrühschoppen erfunden haben und anschließend granatenvoll mit der Isetta in die nächste Pinte geeiert sind. Der heutige Jugendliche hingegen liegt sonntags morgens brav im Koma und bekommt die Erbsensuppe intravenös, natürlich ohne Wursteinlage.

Wo die nun langsam ergrauenden 68er damals Straßenterror und Studentenrevolten verbreitet haben, wird heute still, friedlich und unpolitisch der Frust einfach mit Hochprozentigem weggespült. Steigende Umsätze in Flatratediskos und erhöhte Einnahmen bei der Alkoholsteuer sind die erfreulichen Begleiterscheinungen.

Auch für die demografische Entwicklung ist ein positiver Effekt zu verzeichnen. Wenn der gemeine Jugendliche nach acht Litern Alkopops noch einen hoch kriegt pimpert er alles, was ihm vor die Flinte kommt. Das ergibt eine deutliche Steigerung der Geburtenrate, die anschließenden Vaterschaftstests bei Olli Geißen oder Britt fördern zusätzlich die Unterhaltungsbranche.

Ansonsten torkeln heute die volltrunkene Jugendlichen nicht in der Gegend herum und ängstigen die Rechtschaffenden, so wie es bei älteren Semestern des öfteren zu beobachten ist. Nein, sie liegen einfach still und friedlich an irgend einer Straßenecke in ihrem Erbrochenem. Manch einer fällt nach 52 Tequila einfach tot um, um niemandem zur Last zu fallen. An solch ausgesuchter Höflichkeit ist ein Beispiel zu nehmen.

Da das heutige Leben so und so nur noch im Suff zu ertragen ist, machen gerade unsere jungen Menschen das beste daraus. Anstatt, wie ihre Eltern, jeden Abend vor einer Kiste Bier zu versauern und sich selbst zu bemitleiden, haben die Kids noch Ziele, die sie engagiert und motiviert verfolgen: Höher, schneller, hochprozentiger heißt es da. An jedem Wochenende ist ein weiterer Rekord zu knacken, dafür gilt es unter der Woche hart zu trainieren. Das ist doch allemal besser, als sich auf dem Schulhof anpöbeln und beklauen zu lassen.

Trinkhallen im ganzen Bundesgebiet erfreuen sich nun endlich auch vormittags wieder erhöhter Einnahmen. Und während die Eltern in emotionslosen Demonstrationsversuchen ihre verhassten, schlecht bezahlten Jobs zu retten versuchen, entwickelt sich unter ihrem Nachwuchs bereits am frühen Tag ein geselliges Beisammensein auf Spielplätzen, in Parks oder rund um irgend einen Autoscooter. Bei ein, zwei Flaschen Vodka werden dort die neuesten gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen besprochen und die zu erreichenden Promillewerte für den Samstagabend abgeklärt.

So entsteht unter den neidischen Blicken der älteren Generationen eine neue, funktionierende, auf Alkoholkonsum gestützte Gesellschaftsordnung, die fernab von der zeitraubenden Talentvergeudung im Schulunterricht oder der lästigen Suche nach Ausbildungsplätzen beinahe alle Probleme zu lösen im Stande ist, die wir nicht in den Griff bekommen.

4 Gedanken zu “Probleme lösen mit Alkohol

  1. GZi November 3, 2009 / 6:49 pm

    Ja, genau. Nicht zu vergessen, dass in o.g. „Shows“ auch des öfteren demonstriert wird, dass sich Arbeiten nicht lohnt, weil man da 8 oder mehr Stunden täglich malochen muss und wenig bekommt. Dann doch lieber nichts tun und unwesentlich weniger Geld von der „Stütze“ bekommen. Steht einem ja zu und – wofür gibt´s die sonst von „Vater Staat“. Nur: wer ist das eigentlich??? Aber das interessiert dann weniger…

    Schöner Blog, auch die Comics – sehr witzig! – Werde sicher immer wieder mal vorbeischauen 🙂

    Gruß von GZi
    http://www.kontexte.wordpress.com

    • Seb November 3, 2009 / 6:53 pm

      Danke für die Blumen!
      Vater Staat heißt jetzt übrigens „Mama Merkel“! 😉

  2. GZi November 3, 2009 / 7:06 pm

    Da haben wir ja schon den „Dukatenscheißer“ benannt, da kann Steinmeier ja nur froh sein, dass der Job an ihm vorbeigegangen ist, sonst hätte der „Vater“ immer noch die Verantwortung. Lobenswert sind auch diejenigen, die gar nicht genug fordern und nach mehr schreien können, schließlich hat das Goldfass ja auch keinen Boden, oder?

    • Seb November 3, 2009 / 7:23 pm

      „Wenn ein Goldesel die Milliarden scheißen müsste, die uns fehlen, hätte er Hämorrhoiden wie ne Tropfsteinhöhle.“
      (Gerd Dudenhöffer alias Heinz Becker)

      Das trifft es doch ganz gut.

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