Wenn aus einer einfachen Buchvorstellung ein launiger Abend wird, der es mit jeder Comedy- und Kabarettvorstellung locker aufnehmen kann, dann hat vermutlich Harald Martenstein seine Finger im Spiel. Der Kolumnist des “Zeit-Magazins” und Redakteur des Tagesspiegels las am Mittwochabend in der Stadtbibliothek aus einem Best-Of seiner berühmt-berüchtigten Kolumnen.
Und die haben es in sich. In präzisem, ausdrucksstarkem Journalisten-Deutsch behandelt Martenstein die Geschehnisse des Alltags, von Kindererziehung über moderne Schulformen bis hin zu Schneckenplagen und Gummi-Geschlechtsteilen. Dabei ersinnt er Formulierungen, die selbst simpelste Sachverhalte zum Brüllen komisch werden lassen. Bestes Beispiel: sein Einstieg zum Thema Jugendsprache: alles was gut ist ist “geil”, ein Wort, das einstmals für “lüstern” stand. Alles was nicht geil ist, sei hingegen ”schwul”. So sind nette Mädchen geil, nicht nette Mädchen schwul. Mathearbeiten: schwul. Dabei sieht er in der Umdeutung des Wortes schwul keine wiederauflebenden Ressentiments gegen Homosexuelle sondern die einfache Lust der Jugend, mit ihrer Sprache zu provozieren. Eine Sprache die dauernd im Wandel ist. So wurde aus “geil” “porno” und aus “schwul” “psycho”. Das heißt: “ein Mädchen das gestern noch schwul war, ist heute psycho”. Es entstehen außerdem Sätze wie: “Der Jugendpfarrer hat porno gepredigt.” Ein weiteres Highlight seiner sehr trocken und sachlich vorgetragenen Werke war die Episode über Frauen, die ihren Orgasmus “vertuschen”. So habe eine Frau zwar einen Orgasmus gehabt, diesen aber zurückgehalten, da sie den Mann mit dem sie schlief, unsympathisch fand und ihm das Erfolgserlebnis nicht gönnen wollte. Eine andere Frau wiederum hatte bemerkt, dass ihr Mann seine Arbeit zwar gründlich erledigt, sich nach getaner Sache jedoch anderen Dingen zuwendet. So wird der erste Orgasmus vertuscht, damit es länger dauert und der zweite vorgetäuscht, damit es nicht zu lange dauert.
Selten wurde in einer Bibliothek so oft und so laut gelacht, wie an diesem Abend. Und Martenstein kannte keine Gnade: immer mehr Geschichten wusste er zu präsentieren.
So sorgte auch das Schicksal eines Bewerbers für eine Stelle in der Redaktion für Unterhaltung. Abschlüsse an zwei renommierten ausländischen Universitäten, sieben Sprachen fließend und nebenbei auch noch erfolgreich im Leistungssport. Seine Bewerbung wurde aussortiert. “Über-ehrgeizige Leute sind Stimmungskiller und bringen nur Unruhe – die werden niemals zu Vorstellungsgesprächen eingeladen!”